Au Pair in der Zeit von Corona: Wie hat sich mein Alltag verändert?


Bevor ich anfange: Jede Gastfamilie ist mit der neuen Situation anders umgegangen, das heißt du hast und wirst vielleicht andere Erfahrungen machen.

  • Schedule

Vorher:

Meine beiden Gastkinder sind normalerweise in die Schule/Betreuung gegangen. Ich habe sie am Morgen hingebracht und am Nachmittag wieder abgeholt. Danach haben wir gespielt bis es Abendessen gab oder ich habe sie zu ihren Aktivitäten gebracht. Von 9 bis 15 Uhr hatte ich immer frei.

Nachher:

Meine Gastkinder hatten keine Schule mehr. Sie waren den ganzen Tag zuhause. Ich habe dann von 9 bis ca. 12:30 Uhr auf sie aufgepasst und nach meiner Mittagspause von 14:30 bis ca. 18 Uhr. Danach haben wir zusammen zu Abend gegessen. Ich und meine Gastmutter haben versucht ein bisschen Schule mit den Jungs zu machen, das war aber sehr schwierig und nur bedingt erfolgreich. Anfangs hatten wir einen Tagesplan, der aber schnell verworfen wurde. Mit einem Pom-Pom Belohnungssystem und einer Checkliste mit verschiedenen Aufgaben ging es dann etwas besser. Schule hat aber nur ungefähr zwei Stunden des Tages eingenommen und war oft mit Tränen verbunden. Die Kinder hatten manchmal Zoom meetings mit ihren Schulklassen, aber es war alles noch etwas unorganisiert und von der Schule gab es keine gut umsetzbaren Stundenpläne für zuhause. Meine Gastmutter hat zum Glück von zuhause aus gearbeitet und konnte mich deshalb unterstützen und hat mir auch Haushaltsaufgaben abgenommen. Ich bin sehr dankbar für ihre große Hilfe!!

Ein Monat vor meiner Abreise hat die Ferienbetreuung (auch Summer camps) angefangen und der Arbeitsplan war wieder ungefähr wie zuvor.

  • Beschäftigung am Nachmittag 

Vorher:

Ich bin mit den Jungs oft auf den Spielplatz oder in den Park gegangen. Wir waren auch oft im Buchladen. Der Große hat Baseball, Fußball und Basketball gespielt. Nicht immer alles auf einmal, sondern je nach Saison das eine oder andere. Auch meine Gastoma hat mir an zwei Tagen in der Woche geholfen, da hatte ich dann nur eines meiner Gastkinder am Nachmittag. 

Nachher: 

Es gab eine Zeit, in der wir das Grundstück nicht einmal für Spaziergänge oder Fahrradtouren verlassen haben. Ich habe mit den Kindern stundenlang im Spielzimmer (Keller) gespielt und wir waren machmal draußen im Garten. Im Sommer haben die Jungs zum Glück viel im Planschbecken gespielt. Wir sind bis zu meiner Abreise nicht mehr auf Spielplätze gegangen. 

  • meine Freizeit 

Vorher:

Ich habe einmal die Woche einen Sportkurs besucht, war oft in Cafés und habe mich mit Freunden getroffen. Häufig sind wir auch mit dem Zug in die Innenstadt (Chicago) gefahren, um dort etwas anzuschauen oder Museen zu besichtigen,... 

Ich bin am Wochenende auch manchmal gereist und hatte noch einiges geplant. Ich wäre zum Beispiel nach Tampa in Miami geflogen ,um meine credits zu sammeln.

Nachher:

Eine ganze Zeit lang habe ich keine Freunde mehr gesehen und bin nur zum Spazieren gehen nach draußen gegangen. Ich war auch nicht mehr im Supermarkt oder in anderen Läden. Insgesamt habe ich sehr viel Zeit mit meiner Gastfamilie verbracht. Puzzeln, Lesen, Podcasts, Facetimen, Spazieren gehen und mit den Kindern Spielen war alles, was ich für eine lange Zeit gemacht habe. Ich muss sagen, dass die Situation irgendwann besser wurde und ich mich mit Abstand und Maske wieder draußen mit Freunden treffen durfte, ich bin wieder zum Sport und meine Gastfamilie und ich sind zusammen an den Strand gegangen. Bis zu meiner Abreise bin ich aber nicht mehr mit den Zug nach Chicago gefahren, dafür aber mit meiner Gastfamilie mit dem Auto. Reisen sind natürlich komplett ausgefallen. Meine weekend class habe ich online gemacht und so meine credits gewonnen. Sehr traurig für mich war, dass viele meiner Freundinnen in der Umgebung ihr Jahr aufgrund von Corona abgebrochen haben.

 

Fazit: Einerseits war es sehr schade, dass ich einige meiner Pläne nicht verwirklichen konnte. Ich hätte gerne noch mehr von den USA gesehen, aber ich habe mir immer gesagt, dass ich zurück kommen werde und dann immer noch Reisen nachholen kann. Andererseits bin ich eine Person, die kein Problem hat mehr Zeit mit sich selbst zu verbringen. Daher war die Situation für mich vielleicht nicht ganz so schlimm. Was allerdings sehr fordernd war, war die viele Zeit, die ich damit verbracht habe, die Kinder zu beschäftigen und bei Laune zu halten. Respekt an alle, die ähnliche Erfahrungen gemacht haben. Meine Gastfamilie und ich sind durch die viele gemeinsame Zeit im Haus, aber noch näher zusammen gewachsen, was definitiv ein positiver Aspekt der Pandemie war. Ich bereue es nicht dageblieben zu sein und meine Gastfamilie unterstützt zu haben trotz der schwierigen Zeit.

 

Mein Tipp an dich: Wenn du gerade am Gastfamilie aussuchen bist, frage auf jeden Fall nach ihren Corona-Regeln und wie sie mit der Situation umgehen, was sie von dir erwarten. Ich habe mich immer bemüht die Grenzen meiner Gastfamilie zu akzeptieren, auch wenn ich nicht 100 Prozent der gleichen Meinung war. Sie haben so viel für mich gemacht und ich mochte sie so gerne, dass es für mich selbstverständlich war ihren eher vorsichtigen Corona-Maßnahmen zu folgen. Ich habe mich auch nie eingesperrt gefühlt, trotz der Einschränkungen.